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Leider zu nachsichtsvoll verschonte noch immer mein Arm sie;
Aber ich schwör's, wenn der Sieg von neuem unsere Waffen
Krönt mit gewohntem Erfolg: ergreifen laß ich die Frechen,
Und es richte die Schuld mit eisernem Spruche das Kriegsrecht!'
Also redend zum Freund in des Unmuths finsterer Stimmung,
Hatte der Kaiser den Hof erreicht. Es schwangen die beiden
Schnell sich aufs Roß, und hinaus schon trug der flüchtige Huf sie
Aus des Schlosses Bereich, als, aufgestört durch die Botschaft,
Rasch die übrigen sich von der gastlichen Tafel erhoben.
Kaum mit flüchtigem Gruß bedenkend die Herrin des Hauses,
Stürzten sie hastig hinab, auf die Pferde sich werfend, und eilten
Schnell wie im Fluge davon auf der Spur des mächt'gen Gebieters.
Wo aus den Trümmern der Burg die wohlerhaltene Mauer
Oben herniederblickt von der schroff aufsteigenden Bergwand,
Wölbt von Alters her sich ein Fensterbogen, die Gegend
Zierlich umschließend, als ob man im Rahmen ihr heiteres Bild sah'.
Weithin dehnt vor dem Blick sich des vielgewundenen Flusses
Hügelumkränztes Gebiet, das Grün der duftenden Wiesen,
Fern der dunkelnde Wald und drüber die Bläue des Himmels.
Nirgends ladet ein still verschwiegenes Plätzchen so lieblich
Zu beschaulicher Ruh und süßem Genuß die Empfindung,
Als die steinerne Bank, die seitwärts hier an des Fensters
Wölbung schattig sich lehnt, geschirmt vor der Sonne des Mittags
Durch das blühende Dach, das wilde Rosen und Geißblatt
Über den Eingang baun. — Hier saß die sinnende Jungfrau,
Auf die Rechte das Haupt gestützt; hier dachte sie einsam
Jeglichem Worte nach, das in glühender Red'^ihr entfahren,
Und wie ein Traum erschien ihr die wundersame Begegnung.
129.
Auf die Schlacht von Leipzig.
Von Rückert.
Gesammelte Gedichte. Bd. Ii. 3
Aann denn kein Lied
Krachen mit Macht,
So laut, wie die Schlacht
Hat gekracht um Leipzig's Gebiet?
Drei Tag und drei Nacht,
Ohn' Unterlaß
Und nicht zum Spaß,
Hat die Schlacht gekracht.
Drei Tag und drei Nacht
Hat man gehalten Leipziger Messen,
Hat euch mit eiserner Elle gemessen,
Die Rechnung mit euch ins Gleiche
gebracht.
Drei Nacht und drei Tag
Währte der Leipziger Lerchenfang;
Hundert fieng man auf einen Gang,
Tausend auf einen Schlag.
Ausl. Erlangen 1839. S. 28.
Ei, cs ist gut,
Daß sich nicht können die Russen
brüsten,
Daß allein sie ihre Wüsten
Tränken mit Feindesblut.
Nicht im kalten Rußland allein,
Auch in Meißen,
Auch bei Leipzig an der Pleißcn
Kann der Franzose geschlagen sein.
Die seichte Pleiß' ist von Blut ge-
schwollen,
Die Ebenen haben
So viel zu begraben,
Daß sie zu Bergen uns werden sollen.
Wenn sie uns auch zu Bergen
nicht werden,
Wird der Ruhm
Zum Eigenthum
Aufewig davon uns werden auferden.
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gedenk ¡raren und alles ertrugen; das Wasser bei der heißen
Jahreszeit ¡rnrde von ihnen aus Pfützen getrunken. In vicrund-
zwanzig Tagen machte Friedrich einen Zug von sechzig deutschen
Meilen, und so langte er den einnndzwanzi'gsten Anguss bei Küstrin
an, wo er die Besatzung verstärkte und zur dohna'schen Armee
stieß. Die Husaren brachten ihm hier zwölf gefangene Kosaken,
die er als die ersten, die sein Auge sab, wegen ihrer besondern
Gestalt und ihres elenden Aufzugs sehr ernsthaft betrachtete und
sodann zum Gardemajor Wedel sagte: <Sebe Er hier, mit solchem
Gesindel muß ich mich herumschlagen.' Beide Heere näherten sich
einander, und alles rüstete sich zur Schlacht. Nie war bei einer
Armee der Durst nach einem Blntkampf größer, als wie diesmal
bei der preußischen. Der Dämon des Kriegs schien das ganze
Heer begeistert zu haben. Selbst Friedrich, durch de» Anblick der
verwüsteten Fluren, der zahllosen Schutthaufen und der alles be-
raubten hernmirrenden Flüchtlinge aufs lebhafteste gerührt, schien
alle Philosophie zu vergessen und alle andern Leidenschaften der
Rache unterzuordnen. Er befahl, keinem Russen in der Schlacht
Pardon zu geben. Alle Anstalten wurden gemacht, dem Feind
den Rückzug zu hemmen und ihn nach den Morästen der Oder
zu drängen und dort zu vernichten; sogar die Brücken, die ihnen
zur Flucht dienen konnten, mußte» abgebrannt werden. Diese
Wuth der Preußen wurde deu Russen bekannt, da eben die Schlacht
anfangen sollte. Ein Zuruf lief durch die ganze Linie: <Die
Preußen geben kein Quartier!' Ulnd wir auch nicht!' war der
weitschreckende Widerhall der Russen.
Die Lage Friedrich'8 war abermals verzweiflungsvoll und
hieng von dem Ausgang einer Schlacht ab. Die feindlichen Heere
waren nun im Begriff, sich zu vereinigen und ihn von der Elbe
und der Oder abzuschneiden. Die Franzosen und Reichstruppen
waren auf dem Marsch nach Sachsen, wohin Daun mit der
Hanptarmee der Österreicher auch gezogen war. Die von den
Preußen befreiten Schweden hatten jetzt gar keinen Feind vor
sich und rückten aus das unbefestigte Berlin los; und überdem
nun noch die Russen, deren Motto Verheerung war, in dem
Herzen seiner Staaten.
Die tief durchdachte Disposition Friedrich's war jedoch nicht
bloß ans den Sieg, sondern auf den gänzlichen Untergang deö
feindlichen Heeres gerichtet, dabei aber doch dem Könige bei einem
widrigen Schicksal der Rückzug nach Küstrin frei blieb. Es war
am fünfundzwanzigsten August, als diese große Schlacht bei Zorn-
dorf geliefert wurde. Sie sieng des Morgens um acht Uhr an.
Die Russen waren funfzigtausend, und die Preußen dreißigtausend
Mann stark. Diese, abermals so >vie bei Lenthe» in schiefer
Schlachtordnung gestellt, machten den Anfang mit einer großen
Kanonade. Die Stellung der Russen war ein in ihren Türken-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Wedel Friedrich Friedrich August